Sonntag, 18. August 2013

Stolpersteine

Stolpersteine im Text ...


... gibt es viele, und hier möchte ich einige davon vorstellen. Da sind erstmal die ...

... Begriffsverwechslungen ...


... die das Kopfkino erheblich stören können , wenn sie dazu führen, dass falsche Bilder beim Leser entstehen. Hier ein paar nette Beispiele aus wirklich existierenden Werken, die ansonsten gar nicht schlecht sind:

Da werden immer wieder "Selbstwertgefühl" und "Selbstbewusstsein" verwechselt, obwohl die Worte ihre Erklärungen selbst mitbringen. So kann man, ohne sich seiner selbst bewusst zu sein, vor Selbstwertgefühl nur so strotzen. Ein Beispiel wäre hier ein typischer Kleinganove, der sich für keine Schandtat zu schade ist, es aber trotzdem zu nichts bringt. So ein Mensch kann unmöglich im landläufigen Sinn "selbstbewusst" auftreten, er kann aber unter Leugnung der Realität durchaus ein enormes Selbstwertgefühl entwickeln, wenn es für ihn gerade mal gut läuft.

Begriffswerwechslungen sind tückisch. Man meint, das richtige Wort zu kennen, und schon steht es im Text. Da wird aus dem geöffneten Wagenschlag schnell mal der "geöffnete Verschlag", was dann sofort das Bild einer Bretterhütte in den Kopf des Lesers zaubert.

Spaziergänger "tummeln" sich im Wald, wo es darum geht, einen recht belebten Forstpfad zu beschreiben. Schwer vorstellbar, dass all die Leute dort herumtollen, denn nichts anderes bedeutet: "sich tummeln".

"X stand mit angezogenen Schultern in der Kälte." Gemeint ist hier "mit hochgezogenen", so heißt es aber nur, dass die Schultern nicht nackt sind.

Wie kann man "verhängnisvoll quieken"? Gemeint ist hier ängstlich-erschreckt, wohl in einer verhängnisvollen Situation, aber so wird der Leser voll aus dem Lesefluss gerissen und fragt sich erstmal, was das denn nun soll.

"Wehleidiges Gejohle" kommt auch in einem veröffentlichten Text vor. Gejohle? Das ist etwas, was man von den angetrunkenen Fans einer siegreichen Fußallannschaft erwartet. Diese Töne mit "wehleidig" in Verbindung zu bringen ist genauso widersinnig wie "leise schreien".

Weiße Schimmel ...


... schleichen sich leise in den Text. :-))

Wenn jemand "sich über etwas beugte, dann bückte", dann fragt man sich doch unwillkürlich, wie er das macht ...

... und wenn ein Lokal von Geschäftsleuten "häufig frequentiert" wird, dann ist da wohl wirklich sehr viel los.

Unfreiwillig komisch ...


... wird es hier und da auch schon mal:

"Seine Küsse waren nicht von schlechten Eltern." Gut so! Was will man auch mit Küssen von Eltern - und dann auch noch von schlechten?

"Leuchtende Backen" Ups! Wer hat denn da die Hosen runtergelassen? Da waren wohl die Wangen gemeint.

"Sein  Kopf wanderte von Winkel zu Winkel." Und der Körper, was macht der? Gemeint ist, dass jemand sich umschaut.

"Wellen brachen leise rauschend an den Klippen." Na, denen ist wohl wirklich schlecht.

"Er lief langsam zu der Frau." Da wäre ein erklärendes Video wünschenswert.

"X streichelte den Hund abwesend." Wer ist abwesend, X oder der Hund - oder streichelt X den Hund, bis der nicht mehr da ist? Gemeint ist hier natürlich: "geistesabwesend, nebenbei"


Lesefluss:


Heute spricht man viel vom Lesefluss, der nicht gestört werden darf, und so langsam entwickelt er sich zur Heiligen Kuh der Schreiberei. Ich bin zwar der Meinung, dass auch ein Text mit Ecken und Kanten seinen Reiz hat, aber solch grobe Fehler, wie die hier genannten, sollte man auf jeden Fall vermeiden.


Nachbearbeitung als "Teamwork"


Das Beste ist, wenn man die erste Überarbeitung des Textes im Freundes- und Bekanntenkreis kursieren lässt. Das so gewonnene Feedback ist unersetzlich, denn den Testleser/innen wird so manches auffallen, was wert ist überdacht, und ggf. in der zweiten Überarbeitung umgesetzt, zu werden.
Als Schreiber neigt man dazu, die eigenen Fehler im Rohtext zu übersehen, holt euch also jede Hilfe, die ihr bekommen könnt, denn mehr Köpfe leisten mehr. Immer!

Und danach kommt dann die dritte Überarbeitung: Das Lektorat ...

Denkt immer daran: Wenn der Text veröffentlicht ist, habt ihr keine Chance, euren Lesern zu erklären, was ihr eigentlich gemeint habt - außer vielleicht in Kommentaren zu schlechten Rezensionen.

In diesem Sinne:

Frohes Schaffen euch allen.

Mit herzlichen Grüßen

Micha

2 Kommentare:

  1. Hallo Michael,
    dein Post greift einige wichtige, glücklicherweise leicht behebbare Fehler beim Schreiben auf. Ich wünschte mir, Journalisten achteten ebenfalls auf diese Punkte.
    Viele Grüße
    Martina

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  2. Oh ja! Da fallen mir gleich Dutzende von Beispielen ein, bei denen an den Tatsachen vorbeigeschrieben wurde. Da wird dann harmlose Leuchtmunition (Papphülse) schon mal zu tödlicher Leuchtspurmunition (phorphorbeschichtete Stahlmantelprojektile), oder ein Auto "rast" in eine voll besetzte Bushaltestelle, wobei zwei Menschen leicht verletzt werden. - Zur Verteidigung der Pressekollegen fällt mir nur ein, dass die Zeitungsverlage in den letzten Jahren das Personal ausgedünnt haben und sich auch die Lektorate sparen. Da heißt es dann: "Gesetzt wie geschrieben", und selbst kleine Korrekturen sind wegen Zeitmangels nicht mehr möglich. Um so wichtiger wäre es dann natürlich, gleich die richtigen Worte zu finden.

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